Im Jahr 2020 konnte ich die Möglichkeit nutzen, drei Monate deutsches Arbeitslosengeld in Österreich zu beziehen während der Arbeitssuche. Möglich macht es die „Übertragung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit“ (Leistungsmitnahme) innerhalb der EU:
„In der Regel müssen Sie sich in dem Land aufhalten, das für Ihre Leistungen bei Arbeitslosigkeit aufkommt. Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie jedoch zur Arbeitssuche in ein anderes EU-Land reisen und weiterhin die Leistungen bei Arbeitslosigkeit beziehen, auf die Sie in dem Land Anspruch haben, in dem Sie Ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Sie können Ihre Leistungen bei Arbeitslosigkeit mindestens 3 Monate weiter von dem EU-Land beziehen, in dem Sie zuletzt gearbeitet haben – und je nach der Einrichtung, die Ihre Leistungen zahlt, bis zu höchstens 6 Monaten.“ (Quelle: youreurope)
Im Vorfeld wurde stets vom magischen Dokument „U2“ gesprochen, mit welchem ich mich dann bei der österreichischen Arbeitsagentur (AMS) melden könne, falls die Leistungsmitnahme bewilligt wird.
Für alle, die es interessiert, wie dieses Dokument dann schließlich aussieht:
Krankenversichert ist man übrigens weiterhin über die jeweilige Arbeitsagentur in Deutschland (und somit über die deutsche Krankenversicherung), mehr Informationen dazu finden sich im Merkblatt Umzug und Reisen.
Tipp I: Das Datum der Abmeldung aus Deutschland/Ausreise frühzeitig mit den Ansprechpartner:innen in der Arbeitsagentur abklären, sodass dieses mit dem Datum im Dokument U2 übereinstimmt.
Tipp II: In Österreich hat man dann ebenfalls ein/en Ansprechpartner:in im AMS. Am besten direkt eine österreichische Mobilfunknummer zulegen, sodass man telefonisch für das AMS erreichbar ist.
Die Anmeldung bzgl. Wohnsitz in Österreich für die ersten drei Monate ist übrigens kein Problem, erst danach muss man laut rechtlichen Vorgaben bzgl. Anmeldebescheinigung aktiv werden (Man erhält bei der Anmeldung auch ein Merkblatt hierzu als EU-Bürger:in).
Was konkret zu tun ist, wenn die Leistungsmitnahme endet, man noch keinen Job hat (und man auch keine Verlängerung aus Deutschland bewilligt bekommt), habe ich nicht durchgespielt. Theoretisch muss man sich laut Frist innerhalb der ersten vier Monaten um eine Anmeldebescheinigung in Österreich kümmern, die aber an Arbeitsstelle oder bspw. das Privatier-Dasein (= ausreichend Finanzmittel für den Lebensunterhalt) geknüpft ist. Ich hatte da auf jeden Fall noch einige Fragezeichen im Kopf, wie man diesen Übergang bürokratisch und krankenversicherungstechnisch korrekt gestaltet, wenn man drei Monaten erfolgloser Jobsuche nicht direkt sofort wieder nach Deutschland zurück ziehen möchte. 😉
Was ich hierbei persönlich gelernt habe: „Freizügkeit“ innerhalb der EU meint vor allem „Freizügigkeit zwecks Erwerbstätigkeit“.
„Die hier beschriebenen Rechte gelten für Bürger/innen, die ihr Recht auf Freizügigkeit zwecks Erwerbstätigkeit ausüben möchten“ (Quelle: Freizügigkeit – EU Bürger, Europäische Kommission).
Tipp III – am Rande: Sobald man eine Arbeitsstelle in Österreich ergattern konnte, kann man direkt zur nächsten Polizeidienststelle spazieren, um ein Passfoto für die eCard (Krankenversicherungskarte) verifizieren zu lassen. Den Versicherungsverlauf aus Deutschland einzureichen hilft auch, um dann die EU-Krankenversicherung direkt zu erhalten (ansonsten bleiben die Einträge auf der eCard leer).
Long story short: Die Leistungsmitnahme ist ein guter Anfang, ein großes Privileg im weltweiten Vergleich und ich war sehr froh darüber. Durch Modelle wie das Bedingungslose Grundeinkommen (aktuelle EU-Petition eci-ubi.eu), könnte Freizügigkeit innerhalb der EU jedoch sicher noch etwas freier und flexibler gestaltet werden.
Auch die gesamte Problematik rund um das (zeitweise) Abmelden eines Wohnsitzes zeigt, dass viele Verwaltungsvorgänge noch darauf abgestimmt sind, dass man sich stets ordentlich an einem bestimmten und fest definierten Ort aufhält im Normalfall. Stichwort: Digitale Nomad:innen.
In dem Sinne: Mal schauen, was die Zukunft da noch bringt. 🇪🇺
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