Als ehemaliger Bahnbenutzer in Deutschland ist man erstmal misstrauisch: Darf ich mit der „normalen“ Monatskarte tatsächlich auch die schnelleren Züge nutzen? Aus Deutschland ist mir bisher bekannt, dass Monatskarten zwar mit einem „IC-/EC-Aufpreis“ bzw. Zuschlag erweitert werden können, die Nutzung des ICEs ist aber auch selbst dann noch tabu. Nie hätte ich es mir gewagt mit meinem popeligen Semester-NRW/VRS-Ticket einen heiligen ICE zu besteigen. 😉
Nun bin ich aktuell Besitzer einer „VOR / Verkehrsverbund Ost-Region“-Monatskarte über die ÖBB-App geworden und beäugte misstrauisch die Infoseiten zur Monatskarte: „Alle Züge der ÖBB“. Schlimm, wenn man jahrelang so sozialisiert wurde, dass ich direkt denke: „Aber doch nicht wirklich das Äquivalent des ICE, den ÖBB Railjet? Da muss doch ein Haken sein!“
Eine kurze Nachfrage beim ÖBB Social Media Team bestätigt aber tatsächlich, dass die Monatskarte in Niederösterreich (VOR / Verkehrsverbund Ost-Region) ebenfalls für alle ÖBB-Zugverbindungen der gewählten Strecke gilt (Tweet):
(Die Westbahn ist ein privater Bahnanbieter und gehört nicht zu der staatlichen Eisebahngesellschaft ÖBB [Österreichischen Bundesbahnen])
Nun sind Vergleich zwischen einem 80- und einem 8-Millionen-Einwohner:innen-Land sicher oft schwierig und ich müsste mir die genauen Pendler:innen-Zahlen mal anschauen – ich finde es dennoch vorbildlich wie Pendler:innen die Monatskarte mit einer Vielzahl von möglichen Verbindungen in Österreich schmackhaft gemacht wird.
Meanwhile sah es vor Corona in Nordrhein-Westfalen nämlich für Pendler:innen so aus: Es fahren viele Züge, die 1. Klasse im Regionalexpress ist meist unausgelastet, Flexibilität ist aber Fehlanzeige.
Insbesondere wenn man sich anschaut, dass der Verkehr auf Platz 3 der CO2-Emissionen in Deutschland landet und sich die letzten Jahrzehnte nicht verringert hat, dürfte der Handlungsbedarf auf der Hand liegen.
„Der Verkehr ist das Sorgenkind der Klimaschützer. „Die Emissionen des Verkehrsbereiches sind heute im Grunde genauso hoch oder sogar noch ein kleines bisschen höher, als sie 1990 waren“, sagt Michael Strogies vom Umweltbundesamt.
Quelle: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/klimaschutz-wie-gross-ist-der-co2-anteil-des-verkehrs,Rc7yF09
Die Autoabgase machen rund ein Fünftel der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland aus. Mehr als 95 Prozent davon kommt vom Straßenverkehr, also von Autos und Lkw. Und das, obwohl die Motoren immer besser würden, sagt Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Die (zeitweise) Arbeit im Homeoffice als auch möglichst stressfreies Pendeln mit der Bahn und öffentlichen Verkehrsmitteln von so vielen Menschen wie möglich sind ein Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele (siehe Emissionsvergleich Auto, Bahn, Flugzeug).
Für Österreich werde ich mal noch versuchen, mich schlau zu machen bzgl. der CO2-Emissionen im Verkehr. Die Wiener Linien hatten sich mit einem Blogbeitrag bzgl. Klimakrise und Corona zu Wort gemeldet und u.a. darauf verwiesen, dass bisher kein Infektionsfall nachgewiesen wurde in den Wiener Öffis:
In Wien wurden zuletzt 38 Prozent aller Wege mit dem öffentlichen Verkehr zurückgelegt – ein absoluter Spitzenwert in Europa! Nun droht aber, dass sich dieser Wert zugunsten des PKW verschiebt. „Wir müssen über 40 Prozent kommen, damit wir die Klimaziele erreichen können“, skizziert Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer. Das Autofahren in der Coronakrise bezeichnet er als „kurz einzusetzendes Antibiotikum“, das als Dauermedikament aber großen Schaden anrichten wird.
„Der Weg zurück: So führen die Öffis aus der Klimakrise“
[…]
Nur wenn die Öffis ausgebaut werden, können noch mehr Menschen zum Umsteigen motiviert werden. Schon jetzt können die WienerInnen mit der Anzahl der Öffi-Haltestellen international angeben: Im Schnitt haben fast alle WienerInnen in nur rund 300 Metern Gehweite eine Öffi-Station. „Wir möchten die Menschen noch besser öffentlich anbinden und die berühmte ‚letzte Meile‘ – von der Haltestelle bis in die eigenen vier Wände – einfacher machen“, erzählt Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer. „Wir testen beispielsweise den Einsatz von autonomen Bussen. Außerdem bauen wir unsere WienMobil-Stationen aus. So soll es ganz einfach sein, Car- oder Bikesharing mit U-Bahn, Bus und Bim zu kombinieren. So schaffen wir es gemeinsam, dass Wien in Zukunft klimafreundlich und bequem mobil bleibt.“
+++ Schneller Hintergrund zur Klimakrise: schnelldurchlauf.eu/klimakrise/ +++
In der Kategorie #NachhaltigGerecht sammele ich Notizen, Links und Erfahrungen, u.a. zu den Themen Mobilität, digitale Vernetzung und Nachhaltigkeit. Dies geschieht (natürlich) vor dem Hintergrund drohender Konsequenzen und Katastrophen auf unserem Planeten durch die menschengemachte Klimaerwärmung. Diese muss schleunigst begrenzt werden. Der Titel geht auf ein Zitat von Maja Göpel zurück: „Umweltfragen sind immer Verteilungsfragen und Verteilungsfragen sind immer Gerechtigkeitsfragen“.
Alle Beiträge von #NachhaltigGerecht finden sich hier. Die Texte sind als CC0 freigegeben. Beitragsbild: ÖBB399, RJ 564, CC BY-SA 3.0.